Rebecca Schmid
Musenflug.
Die Meerjungfrau mit den gestohlenen
Hörnern von Hathor und Isis und wie sie
dem Teufel entkam,
um mit Frankensteins Braut Tee zu trinken.
This is a promise with a catch.
Vernissage: Freitag 31.Januar 2025 ab 18 Uhr
Öffnungszeiten:
Samstag, 1. Februar : 12-18 Uhr
Sonntag, 2. Februar : 12-18 Uhr
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What happens when a mermaid commits a crime?
How do Egyptian goddesses feel when they cannot find their crowns of horns?
What did Frankenstein's Bride gossip about while having an afternoon tea?
Rebecca Schmid with her images tells stories that have never been told before, because they have never been imagined by anyone else.
Experience a journey through myths, legends and popculture, unfolding on canvases and paper.
Inspiring words from Dorota Solarska.
Musenflug
Ich stehe, mit Gelato in der Hand, hinter einem Busch, vor mir eine Kirche und ein Priester im violetten Gewand. Zwei Anzugsmänner tragen einen, mit Blumenbouquets geschmückten, Sarg aus dem Tor. Die Glocken läuten. Die Trauerfamilie schluchzt. Sie bekreuzigt sich zum Abschied, dann geht sie. Und auch der Priester geht zurück, durch das schwere Kirchentor, in seine Kirche, und nur der Sarg bleibt allein hier stehen. Ich gehe hin und schaue hinein. Darin liegt sie, mit stark geschminkten Augenbrauen und hochtoupiertem Haar, sie hat Schnitte am Hals. Frankensteins Braut liegt da vor mir, im mit dunkelviolettem Satin ausgeschmückten Sarg. Immortellen liegen ihr in den gefalteten Händen. Gelato tropft, klebrig beginnt es, mir über die Hand zu laufen. Himbeer-Pistaccio. Die Anzugsmänner kommen zurück, wohl nur noch kurz eine Zigarettenpause gehabt. Ich verschwinde wieder hinter meinem Busch. Die muskulösen Männer heben den Deckel auf den Sarg, und Frankensteins Braut verschwindet im Leichenwagen. Das Auto, der Sarg, die Anzugsmänner fahren weg, und die Glocken verstummen. Ich stehe nun allein da, in der Ferne raschelt ein Busch. Die Kirche steht auf einem Hügel, und der ist gesäumt von Grün, unten blaufunkelnd das Meer. Der Himmel beginnt sich schon rosa zu verfärben, und es hat Vögel. Ja, Vögel winden sich in den Lüften, und ich glaube, sie singen, fast so wie Ave-Maria. Das Himbeer-Pistaccio fällt auf den Boden, und ich beginne zu rennen. Ich laufe, so schnell ich kann, den Hügel hinunter. Die Muse Radikal nimmt wieder Besitz von mir. Radikales Rennen, radikales Pfeifen, und meine langen blonden Haare flattern im Wind. Radikal gefiel mir eigentlich nie, bis sie mit mir malte, und jetzt kann ich nicht mehr, kann nicht mehr ohne sie. Ich male sie, und sie nimmt Form an, tanzt und wird ein Schatten. Radikal verschwindet immer dann, wenn das Licht auf sie fällt, und wird zu Staub, wenn der Morgen dämmert. Radikal soll meine Muse sein, doch sie entwindet sich mir und lacht, kringelt sich ein und taucht ab. Radikal lässt sich nicht besitzen. Und doch träume ich doch nur von ihr.
Ich träume und liege nun schwer atmend auf dem feuchten Sand. Liege am Strand, und der Himmel nun bereits orangen, und das Meer schmatzt sanft auf meinen Sand, und ich liege einfach nur da. Um mich zu beruhigen. Um mich herum alles ruhig, nur Schmatzen und vielleicht noch eine Möwe irgendwo. Dann plötzlich, neben dem Schmatzen, ein Platschen. Und ich steh auf, denn ich muss wissen, muss nun plötzlich unbedingt wissen, was das war. Gehe wie in Trance, und meine Füsse hinterlassen Spuren auf dem kalten, feuchten Sand, und ich erreiche das Wasser. Lasse meine Füsse überschmatzen, lasse sie vom Salzwasser umspülen. Das Wasser bricht meine Sicht. Der Himmel nun dunkelrot, und das Wasser ein dunkles Blau, doch da fliesst ein goldener Schimmer. Stromlinienförmig schwimmt er auf mich zu. Zu meinen Füssen hält der Schimmer dann an, und immer noch in Trance knie ich nieder, und durchs Wasser hindurch erblicke ich sie. Da unten, zu meinen Füssen, schwimmt sie, schwimmt meine Muse Radikal.
Die Sonne funkelt ihr zwischen den Hörnern. Sie ist das Licht, und ihre Brüste die Welt, und ich sehe ihr in die Augen, denn die sind gross und ohne Schimmer, und die Muse schaut einfach so zurück. Angesicht zu Angesicht. Oh, Schutzgöttin, verlasse mich nicht. Und ich glaube, ich wurde verführt, radikales Verlangen, und ich steck meinen Kopf in ihr Angesicht, ins Kalte und Nasse, und ich sehe nur verschwommen, doch da erkenne ich die goldene Schwanzflosse. Sie kreist um mich herum. Und da sind Farben, ganz viele, sie glitzern und funkeln, und ein Fisch trägt pinke Schuppen und einen roten Mund. Und ich will ihn fangen, will die Farben haben, greife nach ihm und klatsche dann einfach so hin. Platsche wie ein dicker Fisch ins Wasser, und das Wasser erbebt. Dann Erstarren. Die goldene Schwanzflosse klatscht aufs Wasser, und in den Organismus kommt wieder Leben hinein, er flieht. All meine Farben verschwinden in Sekundenschnelle. Minutenlang treibe ich bewegungslos im Wasser umher. Erst dann richte ich mich langsam wieder auf. Erhebe mich und beginne zu tropfen, tropfe über mich hinab. Der Himmel nun schwarz, und ich ganz allein. Ich starre in die Dunkelheit. Doch da, weit in der Ferne, wackelt ein kleines Licht. Nur schwach, aber ich sehe es deutlich, es leuchtet hier zu mir her. Es wackelt, denn es bewegt sich im Takt von Schritten. Schritte, die kommen näher, kommen auf mich zu, und ich erkenne, sie gehören einer Gestalt. Diese ist gross und mit Buckel, und sie trägt Schrauben in ihrem Hals. Die Gestalt trägt die Laterne und steht dann vor mir still. Wir schauen uns einfach nur an, minutenlang Angesicht zu Angesicht. Dann frag ich zitternd und immer noch tropfend: Möchtest du meine Schutzgöttin sein? Und Frankensteins Augen werden gross, mit Schimmer, dann voller Wasser, und eine Träne rinnt ihm übers Gesicht. Und ich spüre Liebe, und spüre die Träne, sie rinnt auch mir, rinnt mir übers Gesicht. Die Braut ist tot, und die Muse verschwunden, wir zwei alleine, doch wir halten uns fest. Er tropft auf meins, und ich auf das seine und es fühlt sich an, ja fast bisschen so wie Happy End, fast bisschen so wie aus den grossen Geschichten, fast bisschen so Kitsch wie aus dem Hollywoodland.
Text: Clara Graber
My daughter’s mother tongue
Eine audiovisuelle Installation von
Aurora Pajón Fernández
Die Reise von fünf mehrsprachigen Töchtern begleitet von den Klängen einer Kontrabassflöte.
Eine Hommage an alle Sprachübermittlerinnen.
Vernissage :
Freitag, 31. Januar ab 18 Uhr
Die Installation läuft ab 12Uhr
Öffnungszeiten:
Freitag, 31. Januar : ab 12 Uhr
Samstag, 1. Februar : 12-18 Uhr
Sonntag, 2. Februar : 12-18 Uhr
My daughter’s mother tongue begann als Selbstreflexion über meine eigene Identität durch die Entwicklung meiner Muttersprache und wurde zu einer Hommage an alle Sprachübermittlerinnen. In der Installation sind Erfahrungen von fünf mehrsprachigen Frauen zu hören. Dazu erklingen Aufnahmen der Kontrabassflöte und erscheinen bewegte Bilder aus meinen Reiseerlebnissen.
Aurora Pajón Fernández